Ragawerk

Rückblick:
Sonntag, 2. Okt. 2022

Titania Theater

RagawerkRagawerk

CD-Release-Konzert

Musik wie ein Roadtrip in Gedanken. Der Soundtrack eines Films, der nur in der Vorstellung existiert. Ein Episodenfilm, gedreht auf den Straßen zwischen Deutschland und Indien. Vorder- und Hintergründe wechseln. Perspektiven ändern sich. Die „Weltenvereiner“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) vom Max Clouth Clan sind jetzt Ragawerk.
Sie spielen mit hymnischen Melodien, filmmusikalischen Klängen und mitreißenden Rhythmen. Westliche und indische Einflüsse verschmelzen zu einem charakteristischen Sound, raffinierte Strukturen werden mit ausdrucksstarken Improvisationen kombiniert.

Ragawerk spielten auf ihren Reisen durch Deutschland und Indien schon auf Jazzfestivals in Brandenburg, Frankfurt und Delhi und waren in den Goethe-Instituten in Chennai, Trivandrum und Hyderabad zu Gast.

Veranstalter: theaterperipherie, Basaltstraße 23, 60487 Frankfurt am Main

Ragawerk
Max Clouth (g), Martin Standke (dr), Kabuki (modularsynthesizer), William Overcash (v), Sophie-Justine Herr (cello)

Loops und Ragas
Frankfurt – Mumbai, Loops und Ragas, Elektronik, Jazz und eine Prise Krautrock. Ragawerk spannen neue Saiten zwischen Europa und dem indischen Subkontinent – und bespielen sie virtuos. Das neue Projekt von Max Clouth und Martin Standke entwickelt treibende Grooves, kosmische Klangpanoramen und tiefgründige Meditationen. Fluide Sounds treffen auf kantige Beats, raumöffnende Gitarrenklänge schweben über den elektronischen Schraffuren eines Modular-Synthesizers. Indische und westliche Klangelemente verschmelzen zu einer einzigartigen Fusion. Die Wurzeln der Band im Jazz bleiben dabei unverkennbar. Aus indischen Ragas und europäisch geprägtem Jazzhandwerk wird Ragawerk. So heißt auch schlicht und einfach das Debütalbum.

Debüt mit Wurzeln
Max Clouth und Martin Standke, zuvor unter dem Namen „Max Clouth Clan“ zwischen den Kontinenten und Stilen unterwegs, haben ihre Zusammenarbeit nochmals intensiviert und sind jetzt die Triebfedern von Ragawerk. Die neue Band geht aus dem „Clan“ hervor und baut damit auf der Erfahrung von drei Studioalben, einem Livealbum und mehreren Indientourneen auf – ein Projekt mit bewährter Basis und der Frische eines Neuanfangs. „Ragawerk klingt fokussierter, klarer und ausgereifter“, so Komponist und Drummer Martin Standke.

Internationales Zusammenspiel
Die Visitenkarte des neuen Projekts geben Clouth und Standke mit dem ersten Titel „Ab Yeh Kya?“ ab. Aus mystisch-aufflackernden Sitar-Klängen nimmt das Stück Fahrt auf. Geige, Gitarre und ein Basslauf setzen ein, indische Percussion begleitet das Schlagzeug, das mit einem Modular-Synthesizer gekoppelt ist. Max Clouth spielt auf seiner Gitarre an Ragas orientierte Tonfolgen. Es entsteht Raum für Klavierimprovisationen und immer wieder schrauben sich die irisierenden Vocals von Varijashree Venugopal empor. Die Sängerin ist in ihrer Heimat Indien für ihre virtuose Stimme bekannt und arbeitet seit Jahren immer wieder mit Max Clouth und Martin Standke zusammen. Neben ihr sind vier weitere indische Gastkünstler auf dem Track vertreten: Die Percussionisten Udhai Mazumdar und Shivaraj Natraj, der Violinist Manas Kumar und der Sitarist Mehtab Ali Niazi. Das Zusammenspiel mit eingeladenen Musikerinnen und Musikern ist exemplarisch für die Arbeitsweise von Ragawerk. Eine intensive Zusammenarbeit entwickelte sich auch mit dem Frankfurter Modularsynth-Spieler Kabuki. Vier Tracks auf dem Album werden durch sein elektronisches Setup wesentlich mit geformt. „Als Elektro-Künstler hat er natürlich eine ganz andere Art, an Musik heranzugehen, auch andere Vorstellungen, aber trotzdem oder gerade deshalb ist unsere Zusammenarbeit äußerst fruchtbar, wir inspirieren uns gegenseitig sehr“ sagt Martin dazu.

Klangliche Meditationen
Auf „Ab Yeh Kya?“ folgt mit „I Promise“ ein kristallklares, Ruhe verströmendes Stück. Getragen von harmonischen Loops erinnert es an den Soundtrack einer Bewusstseinsreise. Ähnlich meditativ ist das Stück „Grace – Kṛpā“. Ein heilsames, an einem spirituellen Motiv orientiertes, Klangpanorama. Max Clouth hat sich hier von liturgischen Worten des Künstlers, Philosophen und Reformers Rudolf Steiner inspirieren lassen. Anstatt sie wörtlich in den Track aufzunehmen, lauscht er ihnen nach, vertieft sie musikalisch und übersetzt seine Wahrnehmungen in Klänge. Das Ergebnis dieses Transfers ist minimalistisch, klar und sanft.

Mit Asha Puthli im Taxi
Kosmisch und weltlich zugleich ist der Track „Maṅgal“, in dem die Disco-Legende Asha Puthli den Planeten Mars (Sanskrit: Maṅgal) nach ihrem Schicksal befragt. Puthli arbeitete unter anderem mit Duke Ellington, Ornette Coleman, Lionel Hampton and Cy Coleman zusammen. Martin Standke und Max Clouth haben ihr einen mit Sequenzer und Drumcomputer komponierten Track geschickt, zu dem sie einen Text geschrieben und eingesungen hat. Zwischen Frankfurt und Miami entstand ein betörender Song mit der Anmutung einer nächtlichen Taxifahrt durch Mumbai – ein elegantes, lässiges Gleiten durch hektischen Verkehr, während die Lichter der Großstadt über die Windschutzscheibe huschen.

Mischung der musikalischen Kulturen
Die Mischung der musikalischen Kulturen, die Ragawerk betreibt, beruht auf einem einfachen, stimmigen Prinzip: Ragas sind ein jahrhundertealtes Konzept aus der klassischen indischen Musik. Es sind melodische Grundstrukturen, die traditionell an bestimmte Stimmungen oder Tageszeiten geknüpft sind. Technisch gesprochen sind es Tonleitern, und hier liegt die auch die Schnittstelle zum Jazz: Ragamusik ist wie Jazz im weitesten Sinne skalenbasiert. Mit einer Raga kann wie mit einer Tonleiter improvisiert, Akkorde oder Beats darunter gelegt werden. „Es ist eine Art und Weise, zu improvisieren, die nochmal eine ganz andere Welt öffnet“, sagt Martin Standke. „Einige unserer Stücke basieren auf Ragas“, so Max Clouth, „aber sie sind so in unserem Bandsound verpackt, dass man erst einmal gar nicht darauf kommt. Wir nehmen die Raga und setzen sie in unseren Kontext, nicht immer halten wir uns an alle traditionelle Vorgaben, und das macht dann unsere Musik aus.“ „Man muss die Regeln kennen, erst dann darf man sie auch brechen. So geht Entwicklung“, ergänzt Martin Standke. Max Clouth kennt die Regeln. Nach seinem Studium der Jazzgitarre an der Hochschule für Musik Mainz und der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden ging er nach Indien. Drei Jahre hat er in Mumbai gelebt und dort Musik studiert, ist tief in das Land, seine Traditionen und Klänge eingetaucht. 2017 erhielt Max Clouth das Frankfurter Jazzstipendium. Martin Standke wurde ein Jahr zuvor mit dem Contrast Trio mit dem Hessischen Jazzpreis ausgezeichnet. Während Max Clouth neben seiner freikünstlerischen Arbeit Filmmusik schreibt, ist Martin Standke als Schlagzeuger am Schauspiel Frankfurt und den Münchner Kammerspielen musikalisch und künstlerisch an Produktionen beteiligt. Er studierte Musik an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Frankfurt und an der Musikhochschule Köln im Hauptfach Jazz-Schlagzeug. Seit ihrer ersten Begegnung im Jahr 2012 arbeiten Clouth und Standke musikalisch zusammen. Ragawerk ist das Ergebnis dieser inspirierenden Freundschaft.